Sind Vampire Menschen?

Am Ende war im Stück „Herz aus Blut“ die gesamte Schulgemeinschaft vampirisiert, sogar der fiktive Schulleiter mit verräterischem Namen - ein gewisser Herr Soor… Aber was bedeutet es eigentlich, ein Vampir zu sein?  Wo ist der Unterschied zwischen Menschen und Vampiren? Und auf wessen Seite soll man stehen, wenn die Welt der Nachtgestalten mit dem Lebenskreis der Normalsterblichen plötzlich Schnittstellen offenbart?

Herr Limbeck, Autor und Regisseur des Stückes „Herz aus Blut“, hatte aber überhaupt nicht vor, auch nur eine dieser Fragen eindeutig zu beantworten. Im Gegenteil: In seinem heiter-bissigen Drama um zwei voneinander genervte blutsaugende Nachtgestalten, die ihrerseits Geschichten von anderen Untoten erzählen, fand man eine Fülle von Ambivalenzen und Interpretationsebenen. Da gab es Vampire, die sich in die Menschengemeinschaft integrieren möchten, aber aus ihr ausgestoßen werden und daran zerbrechen. Es gab auch Vampire, die anderen Böses wollen und dazu wieder andere Vampire benutzen.

Wer unter den Zuschauenden nun auf die Idee kam, „Vampir“ könne so etwas wie eine Metapher für „Mensch“ sein, den bestätigte das pointierte Spiel der Sechstklässler/innen aus der GymBo-Theater-AG zumindest in Teilen. Mit viel Humor und ein bisschen Sarkasmus führten die jungen Darstellenden souverän durch die fantasievolle Plotline, die immer wieder unerwartete Wendungen nahm und zwischen der Perspektive von Lebenden und Untoten geschickt changierte.

Im Verlauf der dramatischen Erzählung offenbarte sich dann sukzessive, dass alle Vampire bei ihren durch Einzelinteressen motivierten Taten scheitern. Ihr erster Erfolg kann dann natürlich kein anderer sein als im Rahmen einer kollaborativen Aktion ihre Klassenlehrer, den Schulleiter, den Stellvertreter und sämtliche Mitschüler/innen in Nachtgestalten zu verwandeln. „Gemeinsam: Besser“ eben – eine verdrehte Anspielung auf das Schulmotto in freier Anlehnung an die Verfremdungseffekte epischen Theaters. Dass das Ensemble so variantenreich auf der Klaviatur der verschiedenen Deutungsebenen spielte, zeigte sich dann in Tanzchoreografien, stimmungsvollen Bühnenbildern und durch musikalisch akzentuierte Passagen: Wenn die Teenagergang also mit der bösen Vampirtante zu irischer Punkmusik abrechnet, dann ist das auch eine Hommage an die Rebellion der Jugend gegen die verquere Erwachsenenwelt, die richtig in falsch und falsch in richtig verkehrt. Und obwohl die Darstellenden als auch ein Großteil des jungen Publikums sicher noch nie den Hitchcock-Klassiker „Psycho“ gesehen haben, ironisierten die berühmten nervenaufreibenden Streicher die vermeintlich gefahrvolle Vampirwelt dann für jeden nachvollziehbar. Die Hölle, das sind die anderen? Vielleicht aber ist man es auch selbst. Wer zu bekämpfen war und mit wem man sich identifizieren sollte, blieb dann so manches Mal offen.

Eindrucksvoll, wie die Technik-AG die von Sechstklässler Jan entwickelte Soundwelt dann zusammen mit pointierten Lichteffekten in Szene setzte. Um das Spiel der Ambivalenz und Antithetik zu vollenden, inszenierte das junge Theaterteam die tragische Komödie dann mit dem Tick Leichtigkeit, der bei den erwachsenen Profis manchmal verlorengegangen ist. Kreativ, wortwitzig und ein bisschen verschroben – der unterhaltsame Abend zeigte einmal wieder, was Kunst so alles kann, wenn man sie lässt und warum Schultheater auf jede Aulabühne gehört.

     
     
     
 
     
Text und Fotos: Sonja Klever    
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